Im Steinbruch der Potenziale

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Published On:

October 26, 2015

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Ausgabe 8 / 2019
|
October 2015
Eine Welt im Dialog
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Die Citizen Art Days in Berlin

Die Citizen Art Days, in diesem Jahr in Form eines »Vereinigungsdenkmals«, existieren seit 2012, blicken aber auf eine umfangreiche Vorgeschichte zurück, in der die Initiatoren der Berliner Künstlergruppe »Paral-lele Welten« (Stefan Krüskemper, María Linares und Kerstin Polzin) verschiedene Formen gemeinschaftlicher Kunst- und Kulturproduktion ausprobiert haben. Die gemeinsamen kollaborativ und partizipativ angelegten Projekte verhandeln gesellschaftliche und kontextbezogene Fragestellungen mit künstlerischen Mitteln und fokussieren die verborgenen kreativen Talente, die in jedem von uns schlummern.

Um einen Austausch dieser Talente zu ini­tiieren, lädt die Gruppe regelmäßig europä­ische, internationale und Berliner Künstler sowie Stadtakteure und interessierte Bürger ein, gemeinsam öffentliche Räume zu untersuchen und im aktiven Austausch kreative Formen der Partizipation an unterschiedlichen Themen, Prozessen und Dynamiken zu entwickeln. Stefan Krüskemper, María Linares und Kerstin Polzin sehen sich hierbei als Katalysatoren, um Ideen in die Welt zu bringen und einen Rahmen für weitere Erfahrungshorizonte zu bieten. Sie ermöglichen durch ihre kontinuierlichen Angebote Formen des Austausches und helfen mit ihren Gästen, Methoden und Praktiken zu vermitteln, um kreativ zu werden.

Die Haltung, die hinter diesen Zielen steht und die Citizen Art Days zu einem besonderen Format der Berliner Kreativ-Landschaft macht, ist einzigartig, denn die Initiatoren beabsichtigen nicht, einen weiteren Beitrag zum Image Berlins als kreativem Brain-Pool zu bieten, sondern begreifen Kreativität im wahren Wortsinn als Schöpfung, also als ein »in die Welt bringen« und somit auch als einen Akt, der nicht mit eben diesem Schöpfen endet, sondern sowohl die individuelle als auch die kollektive Verantwortung gegenüber der Schöpfung impliziert.

¬ DIE INITIATOREN BEGREIFEN KREATIVITÄT IM WAHREN WORTSINN ALS SCHÖPFUNG, ALS EIN »IN DIE WELT BRINGEN«. ¬

Mit diesem elementaren Gedanken stellen sie sich in eine Traditionslinie, die durch Joseph Beuys und seine Arbeit vorgezeichnet und von seinen Schülerinnen und Schülern weitergetragen wurde. An vorderster Stelle ist hier Shelley Sacks zu nennen, die regelmäßiger Gast der Citizen Art Days ist. Die Professorin der Social Sculpture Research Unit an der Brookes University in Oxford bietet mit den von ihr initiierten und entwickelten Formaten kollektiver Erfahrungsräume immer wieder Anlässe, über individuelle und kollektive Zukunftsvisionen nachzudenken und die eigene Verantwortung für deren Gelingen wahrzunehmen.

Das Format der Earth-Foren ist hier auch gleichermaßen ein Denkmodell, mit dem die Citizen Art Days beschrieben werden können. Die Erfahrung aus der Vergangenheit bietet das Fundament für einen geistigen Sprung in die Zukunft, von wo aus visionäre und utopische Gedanken in die Gegenwart gespiegelt werden können. Diese Mechanik ist jener der Erinnerungstätigkeit ähnlich, weswegen die Citizen Art Days sich vor allem auf den letzten Veranstaltungen »Memoria Cooperativa« in Bogota und dem »Vereinigungsdenkmal 2040« in Berlin mit dem Themenfeld Erinnerung auseinandergesetzt haben. Im Rahmen des Vereinigungsdenkmals 2040 wurde eingeladen, in ein »Zeitshuttle« zu steigen und 25 Jahre in die Zukunft zu reisen. Auf der Reise war es möglich, KulturaktivistInnen, FlaneurIinnen, ProjektinitiatorInnen und KünstlerInnen zu treffen und sich gemeinsam mit Kunst-, Kultur- und Gesellschaftsfragen auseinanderzusetzen. In der Zukunft angekommen, wurden durch den Rückblick auf die vergangenen 25 Jahre und die Entwicklungen, die zu dieser fantastischen Utopie geführt haben, Momente einer utopischen Demokratie erlebbar, die es ermöglichten einen Samen zu pflanzen, der dann 2040 tatsächlich gereift sein soll.

Author:
Karsten Michael Drohsel
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