In Memoriam

Our Emotional Participation in the World
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Published On:

January 24, 2022

Featuring:
Adi Da Samraj
Terry Patten
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Issue:
Ausgabe 33 / 2022
|
January 2022
Wie leben zwischen den Zeiten
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Terry Patten (1951 – 2021)

Am 30. Oktober, dem Tag vor Halloween, wenn der Schleier zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Toten – so sagt man – dünner wird, verließ Terry Patten diese ­Erde, die er so sehr liebte. Terry war ein neugieriger und leidenschaftlicher Integralist, Autor von zwei wegweisenden Büchern, die die Integrale Theorie als Praxis und Weg zur Veränderung in die Welt brachten. Ich würde sagen, dass dies eines der Geschenke war, die er uns allen und der Integralen Szene gemacht hat: ein Aufruf zum Handeln, eine Einladung, unsere großartigen Theorien auf den Prüfstand der Praxis zu stellen und zu nutzen, indem wir uns aktiv mit den komplexen und existenziellen Herausforderungen unserer Zeit auseinandersetzen. Selbst in den letzten Tagen seines Lebens nutzte er die Nähe seines bevorstehenden Todes, um uns alle daran zu erinnern, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel ein Todesurteil ist, das wir der Biosphäre auferlegen. Dennoch war es ihm auch wichtig, bis zuletzt ein Leben voller Staunen, Dankbarkeit und Neugierde zu führen. Dies war ein Akt des Mutes und der Integrität; sein Eintreten für ein spirituelles Leben und eine spirituelle Praxis hatte ihn mit der Güte der Schöpfung vertraut gemacht, deren Teil er und wir alle sind.

Ich hatte das Glück, mit Terry an »Eine neue Republik des Herzens« zu arbeiten, seinem letzten Buch, das er als sein Lebenswerk betrachtete. Während dieses Prozesses lernte ich ihn näher kennen, seine Lebensgeschichte und die Begeisterung, die ihn antrieb. Sein Buch war ein Liebesbrief – in erster Linie an seinen Sohn, mit dem er all das teilen wollte, was er für das Leben und die Erde als das Wesentliche empfand, und an uns alle, die wir angesichts der Meta­krisen, vor denen die Menschheit steht, etwas bewirken wollen.

Terry sagte, dass es gerade in diesen schwierigen Zeiten besonders wichtig ist, das Leben zu feiern.

Terrys Kindheit und Jugend waren ungewöhnlich und bereiteten ihn auf ein Leben vor, das von der Suche nach tieferen Antworten geprägt war. Er wurde im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten geboren. Seine Familie zog in eine radikale Gemeinschaft, die sich für die Harmonie zwischen den Ethnien und den Religionen einsetzte. Die Erwachsenen dieser Gemeinschaft waren seine Mentoren – er erzählte mir von einem schwarzen Bürgerrechts­aktivisten, mit dem er Strategien und Philosophien des Widerstands und der sozialen Gerechtigkeit erforschte. Später besuchte er die Universität von Michigan, die eine Hochburg des radikalen Aktivismus gegen den Vietnamkrieg war. Unmittelbar nach seinem Hochschulabschluss schloss er sich dann dem einflussreichen, umstrittenen spirituellen Lehrer Adi Da Samraj an und wurde einer der wichtigsten Herausgeber von dessen Werk. Nach fünfzehn Jahren verließ er Da und die Gemeinschaft, weil er mit der Art, wie die Gemeinschaft geführt wurde, zunehmend unzufrieden war. Terry sprach immer davon, dass er Da zu Dank verpflichtet sei und dass er durch seinen früheren Lehrer erstaunliche Dimensionen der Liebe und des Bewusstseins kennengelernt habe. 

Terry erzählte mir, dass er zum Integral Institute kam, weil ihn das Potenzial von Ken Wilbers Theorie begeisterte. Er hatte die Idee, die Kraft des konstruktiven Aktivismus mit der Theorie zu verbinden, und trug bereits damals Notizen für ein Buch bei sich – das über ein Jahrzehnt später als »Eine neue Republik des Herzens« erscheinen sollte. Aber zunächst stellte er seine Leidenschaft für den Aktivismus (und sein eigenes Buchprojekt) zurück, weil diese Perspektive zum damaligen Zeitpunkt nicht als besonders »integral« galt, und tauchte stattdessen in das Integral Institute ein, wo er Lehrer und Senior Associate wurde und maßgeblich an der Erstellung des Buches »Integrale Lebenspraxis« mitarbeitete, das 2008 veröffentlicht wurde.

Etwa ab 2010 zeigte sich Terry zunehmend erschüttert von dem offensichtlichen Ausbleiben einer Reaktion der Menschen – auf allen Ebenen – auf die Zerstörung der Biosphäre der Erde. Er erkannte, dass viele Aktivisten deprimiert und ausgebrannt waren und ihnen oft ein tieferes Fundament oder Vertrauen in das Leben fehlte. Und er sah, dass viele spirituell Praktizierende das Bedürfnis verspürten, mehr zu tun, aber nicht wussten, was sie praktisch tun sollten oder wie sie ihre eigene Lebenspraxis mit dem notwendigen Wandel verbinden sollten. Daraus entstand »Eine neue Republik des Herzens«, ein Leitfaden für spirituellen Aktivismus, der nach seiner Veröffentlichung in einer gemeinnützigen Organisation und einer dynamischen virtuellen Gemeinschaft mündete, die sich für kollektive Veränderungen einsetzt.

An seinem 70. Geburtstag wurde bei Terry ein aggressiver, inoperabler Krebs diagnostiziert. Seine Freunde erzählen, dass ihn nach 24 Stunden des Schocks und der Verzweiflung darüber, dass ihm nur noch so wenig Zeit blieb, seine spirituelle Widerstandskraft regelrecht beflügelte. Obwohl er eine, wie er es nannte, »lebensverdunkelnde« Zeit durchmachte, erlebte er sie auch als »lebenserhellend«, erhebend und kostbar. Und er erklärte, dass er keine Minute damit verschwenden wolle, sich der Realität, dem WAS IST, zu widersetzen. Seine Hingabe und seine Fähigkeit, große Trauer mit Dankbarkeit und Freude zu verbinden, waren ein Zeichen seiner geistigen Tiefe und seines Vertrauens in das Leben. Er hat immer gesagt, dass es gerade in diesen schwierigen Zeiten besonders wichtig ist, das Leben zu feiern.

Author:
Dr. Elizabeth Debold
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