Reifes Bewusstsein

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October 29, 2014

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Ausgabe 04 / 2014:
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October 2014
Führung neu denken
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Erste europäische Studie zu Weisheit in der Führung

Bewusstseinsweite ist eine notwendige Führungskompetenz, findet die Psychologin und Executive-Beraterin Ursula Wagner. In einer Studie mit rund 400 Führungskräften hat sie untersucht, wie es um die Weisheit in der Führungsetage steht.

„Weisheit ist eine mögliche Antwort auf die wachsende Komplexität der Geschäftswelt. Manager führen heute nicht in einem geschlossenen System, sondern sind in sehr differenzierte Beziehungen eingebunden. Sie brauchen nicht nur interkulturelle und ethische Kompetenzen, sondern auch ein Verständnis dafür, welches Bewusstsein die Menschen haben, mit denen Sie in Kontakt sind, das gilt für Märkte und Kunden genauso wie für Mitarbeiter“, erklärt die Geschäftsführerin des Coaching Center Berlin.
In ihrer empirischen Studie mit rund 400 europäischen Führungskräften erwiesen sich rund 30 Prozent als weise Leader – sowohl in einer Selbsteinschätzung als auch in der Fremdbeurteilung durch andere Personen. Sie wissen gleichermaßen um die eigenen Grenzen wie auch um ihre Eingebundenheit in einen größeren Kontext. „Dazu gehört auch ein Verständnis davon, dass sich nicht alles rational erklären lässt und komplexe Zusammenhänge nicht allein auf kausalen Beziehungen beruhen“, so Wagner. Und diese Führungskräfte haben die Fähigkeit, sich auf das „größere Gute“ in einer gegebenen Situation auszurichten. Sie suchen nach bestmöglichen, allparteilichen Lösungen.

Weisheit bedeutet, sich im gesamten Spektrum des Bewusstseins bewegen zu können.


Im Führungsalltag zeigt sich: Weise Führungskräfte inspirieren Menschen dazu, mehr zu schaffen, als diese sich ursprünglich selbst zugetraut hätten. Sie gestalten Arbeitsbeziehungen so, dass die Mitarbeiter zufrieden sind – nicht verstanden als reines Nettsein, sondern im Sinne übergreifender Fairness. Und – der im Business wohl wichtigste Punkt – sie tragen zum langfristigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens bei. „Weise Führende können einen größeren Kontext wahrnehmen, der über sie selbst hinausweist. Und das nicht nur kognitiv, sondern auch emotional verbunden. Das Spektrum des Bewusstseins reicht von einem Alltagsbewusstsein, das eher rational und linear ist, über eine empathische Dimension bis hin zu einem Einheitsbewusstsein, in dem sich Paradoxien auflösen und man über die Grenzen der eigenen Persönlichkeit hinausgelangt. Weisheit bildet die Basis einer Modulationsfähigkeit, die es Führenden ermöglicht, sich in all diesen Dimensionen zu bewegen und eine situativ angemessene Perspektive einzunehmen“, erklärt Wagner auf Basis des Bewusstseinsmodells von Wilfried Belschner.
Rund ein Drittel der Befragten geht bewusstseinsbildenden Aktivitäten nach wie religiösen Interessen, Meditation, Yoga, sucht die Naturerfahrung oder künstlerische Betätigung, betreibt philosophische Reflektion oder nutzt Coaching. „Meditation ist kein alleine ausschlaggebender Faktor für die Entwicklung von Weisheit, es ist eher das Zusammenspiel verschiedener Praktiken“, so die Psychologin.
In den Unternehmen zeigt sich diese Bewusstseinsbildung bisher vor allem als Ergebnis persönlicher Initiative. Dann meditieren Manager als Privatvergnügen und die Wirkung vermittelt sich durch die Art, wie sie führen, ohne dass die Hintergründe auf dem Firmenradar schon bewusst zur Kenntnis genommen werden. Zumal am anderen Ende der Leadership-Skala nach wie vor rund 30 Prozent „harte Hunde“ im Einsatz sind, die sich auf Zahlen, Daten, Fakten fokussieren, Gefühle eher ausblenden und eine vergleichsweise geringere Affinität zur Bewusstseinsbildung haben. Doch etwas Grundlegendes scheint sich bereits zu bewegen. „Zehn Prozent dieser konventionellen Leader gaben an, regelmäßig zu meditieren. Ich nehme an, sie sind gerade in einem Umbruch und beginnen, sich neu zu orientieren. Wenn Firmen erkennen, dass es hier um wirkliche Kompetenzen geht, könnte das eine Brücke sein für mehr Weisheit in der Wirtschaft“, sagt Wagner.

Download der Studie „Dimensionen von Weisheit in Führung und Management“:
http://oops.uni-oldenburg.de/1496/

Author:
Dr. Nadja Rosmann
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