Junge Menschen erleben heute eine unsichere Welt: die ökologische Krise, die Gefährdung der Demokratie, die sich rasant entwickelnde KI, die die Arbeitswelt kaum vorhersehbar verändert. Viele junge Menschen leiden unter den seelischen Belastungen dieser ungewissen Zeit, protestieren gegen ein System, das scheinbar ihre Zukunft zerstört. Gleichzeitig wird unsere Gesellschaft immer älter, aber wir haben keine sinngebende Vision des Altseins, geschweige denn einer Ältestenschaft. Aber wir spüren eine Sehnsucht danach, die kürzlich verstorbenen ökologischen Vordenkerinnen und Aktivistinnen Joanna Macy und Jane Goodall haben mit ihrem Sein und Wirken auch viele jüngere Menschen erreicht.
Der Dialog zwischen den Generationen beschränkt sich aber häufig auf die Chancengleichheit oder intergenerationale Gerechtigkeit. Die Beziehung zwischen den Generationen wird in Schulen und Universitäten instrumentell geregelt. Aber wirklicher Kontakt findet in diesen Institutionen kaum statt, deren Ziel es vor allem ist, junge Menschen so zu bilden, dass sie in das bestehende System passen. Diese Erfahrung begegnete uns in unseren Interviews mit jungen Menschen immer wieder.
Wie kann die Begegnung zwischen Generationen mehr sein als ein finanzieller, funktionaler oder emotionaler Interessenabgleich? Wie finden wir Wege, unser gemeinsames Leben auf Augenhöhe miteinander zu gestalten, ohne zu verleugnen, dass wir unterschiedliche Lebenserfahrungen haben? Wie und was können Menschen unterschiedlichen Alters voneinander lernen? Wie kann eine zeitgemäße Form der Ältestenschaft aussehen? Wie findet die revolutionäre Energie der Jugend ihren Ausdruck? Und warum ist das wichtig für die Entwicklung unserer Kultur in Zeiten radikalen Wandels?
Das sind Fragen, die uns in unseren Redaktionsgesprächen bewegten. Elizabeth Debold erforscht im Leitartikel die Ursachen für die Kluft zwischen den Generationen. Wie können wir Wege finden, um diese Kluft zu überwinden? Was können tiefere Bezugspunkte sein, die uns über die unterschiedlichen Weltsichten und Lebenserfahrungen hinweg miteinander verbinden?
Simon Marian Hoffmann ist schon seit früher Jugend als Bildungsinnovator und Künstler unterwegs, um der Stimme der Jugend Gehör zu verschaffen. Mit anderen jungen Menschen hat er eine alternative Hochschule gegründet. Wie erfährt er den Dialog zwischen den Generationen – oder dessen Abwesenheit? Solche Dialoge sind der Wandelforscherin Heike Pourian besonders wichtig und sie erreicht mit ihren Impulsen auch viele junge Menschen. Im Gespräch mit ihr und der jungen Bildungsaktivistin Helen Britt sprechen wir über Wege in einen gelingenden Kontakt zwischen den Generationen. Heike betont darin auch die Notwendigkeit einer neuen Form von Ältestenschaft.
Der Tiefenökologe und Begleiter von Visionssuchen Geseko von Lüpke erforscht in seinem Artikel das Phänomen der Ältesten im Spannungsfeld indigener Kulturen und der westlichen Tiefenpsychologie. Der Soziologe Roman Krznaric hat ein Buch darüber geschrieben, was es bedeuten könnte, ein guter Vorfahre zu sein. Er weitet unseren Blick über unsere eigene Lebensspanne hinaus. In unserem Interview fragen wir ihn, wie sich dadurch unser Blick auf die Generationen verändert.
Sara Whitewater vom indigenen Volk der Navajo spricht in unserem Interview berührend darüber, wie herausfordernd es heute in indigenen Gemeinschaften ist, die Weitergabe von Ältesten an die jüngere Generation zu leben. Auch der Bildungsforscher Zak Stein macht sich Sorgen über die Wirkung der Weitergabe von Werten und Wissen in unserer westlichen, digitalen Gesellschaft. Was geschieht, wenn junge Menschen vor allem im Kontakt zu Maschinen sozialisiert werden?
Auf der Suche nach einer Künstlerin für diese Ausgabe stießen wir auf die junge nigerianische Malerin Nengi Omuku, die in ihrer Kunst die indigene Kultur der Yoruba in Nigeria mit westlicher Malerei verbindet. Dabei legt sie ein Hauptaugenmerk auf die innere Verfasstheit der Menschen und ihrer sozialen Beziehungen und unser Verhältnis zur lebendigen Welt. Ihre Bilder zeigen eine Resonanz zu unserem Erforschen des zwischenmenschlichen Raumes zwischen den Generationen.
Die Arbeit an dieser Ausgabe war für uns in der Redaktion auch eine menschliche, seelische und spirituelle Herausforderung. Denn während wir dieses Magazin fertigstellen, geht Thomas Steininger, unser Freund und Weggefährte und der Herausgeber von evolve, seinen letzten Weg im Übergang des Sterbens. Ein Netz der Fürsorge und Liebe umgibt ihn, während wir ihn zuhause im Meditationsraum des evolve Centers in Frankfurt begleiten.
Die Beziehung zwischen den Generationen macht uns deutlich, dass wir eingebunden sind in den zeitlichen Verlauf des Lebens, von der Geburt bis zum Tod. Wo immer wir auf dieser Lebensreise sind, es gibt immer etwas, das dieses Werden trägt: die Offenheit für unser Eingewobensein in die Ganzheit des einen Lebens. Wenn wir uns dieser Ganzheit zuwenden, finden auch unsere Beziehungen einen tieferen Grund. Wir sind dankbar dafür, dass wir dieses Geschenk in dem existenziellen Übergang, den Thomas durchläuft und der auch uns tief verändert, so erfahren können.
Herzlichst
Mike Kauschke
Redaktionsleiter
Junge Menschen erleben heute eine unsichere Welt: die ökologische Krise, die Gefährdung der Demokratie, die sich rasant entwickelnde KI, die die Arbeitswelt kaum vorhersehbar verändert. Viele junge Menschen leiden unter den seelischen Belastungen dieser ungewissen Zeit, protestieren gegen ein System, das scheinbar ihre Zukunft zerstört. Gleichzeitig wird unsere Gesellschaft immer älter, aber wir haben keine sinngebende Vision des Altseins, geschweige denn einer Ältestenschaft. Aber wir spüren eine Sehnsucht danach, die kürzlich verstorbenen ökologischen Vordenkerinnen und Aktivistinnen Joanna Macy und Jane Goodall haben mit ihrem Sein und Wirken auch viele jüngere Menschen erreicht.
Der Dialog zwischen den Generationen beschränkt sich aber häufig auf die Chancengleichheit oder intergenerationale Gerechtigkeit. Die Beziehung zwischen den Generationen wird in Schulen und Universitäten instrumentell geregelt. Aber wirklicher Kontakt findet in diesen Institutionen kaum statt, deren Ziel es vor allem ist, junge Menschen so zu bilden, dass sie in das bestehende System passen. Diese Erfahrung begegnete uns in unseren Interviews mit jungen Menschen immer wieder.
Wie kann die Begegnung zwischen Generationen mehr sein als ein finanzieller, funktionaler oder emotionaler Interessenabgleich? Wie finden wir Wege, unser gemeinsames Leben auf Augenhöhe miteinander zu gestalten, ohne zu verleugnen, dass wir unterschiedliche Lebenserfahrungen haben? Wie und was können Menschen unterschiedlichen Alters voneinander lernen? Wie kann eine zeitgemäße Form der Ältestenschaft aussehen? Wie findet die revolutionäre Energie der Jugend ihren Ausdruck? Und warum ist das wichtig für die Entwicklung unserer Kultur in Zeiten radikalen Wandels?
Das sind Fragen, die uns in unseren Redaktionsgesprächen bewegten. Elizabeth Debold erforscht im Leitartikel die Ursachen für die Kluft zwischen den Generationen. Wie können wir Wege finden, um diese Kluft zu überwinden? Was können tiefere Bezugspunkte sein, die uns über die unterschiedlichen Weltsichten und Lebenserfahrungen hinweg miteinander verbinden?
Simon Marian Hoffmann ist schon seit früher Jugend als Bildungsinnovator und Künstler unterwegs, um der Stimme der Jugend Gehör zu verschaffen. Mit anderen jungen Menschen hat er eine alternative Hochschule gegründet. Wie erfährt er den Dialog zwischen den Generationen – oder dessen Abwesenheit? Solche Dialoge sind der Wandelforscherin Heike Pourian besonders wichtig und sie erreicht mit ihren Impulsen auch viele junge Menschen. Im Gespräch mit ihr und der jungen Bildungsaktivistin Helen Britt sprechen wir über Wege in einen gelingenden Kontakt zwischen den Generationen. Heike betont darin auch die Notwendigkeit einer neuen Form von Ältestenschaft.
Der Tiefenökologe und Begleiter von Visionssuchen Geseko von Lüpke erforscht in seinem Artikel das Phänomen der Ältesten im Spannungsfeld indigener Kulturen und der westlichen Tiefenpsychologie. Der Soziologe Roman Krznaric hat ein Buch darüber geschrieben, was es bedeuten könnte, ein guter Vorfahre zu sein. Er weitet unseren Blick über unsere eigene Lebensspanne hinaus. In unserem Interview fragen wir ihn, wie sich dadurch unser Blick auf die Generationen verändert.
Sara Whitewater vom indigenen Volk der Navajo spricht in unserem Interview berührend darüber, wie herausfordernd es heute in indigenen Gemeinschaften ist, die Weitergabe von Ältesten an die jüngere Generation zu leben. Auch der Bildungsforscher Zak Stein macht sich Sorgen über die Wirkung der Weitergabe von Werten und Wissen in unserer westlichen, digitalen Gesellschaft. Was geschieht, wenn junge Menschen vor allem im Kontakt zu Maschinen sozialisiert werden?
Auf der Suche nach einer Künstlerin für diese Ausgabe stießen wir auf die junge nigerianische Malerin Nengi Omuku, die in ihrer Kunst die indigene Kultur der Yoruba in Nigeria mit westlicher Malerei verbindet. Dabei legt sie ein Hauptaugenmerk auf die innere Verfasstheit der Menschen und ihrer sozialen Beziehungen und unser Verhältnis zur lebendigen Welt. Ihre Bilder zeigen eine Resonanz zu unserem Erforschen des zwischenmenschlichen Raumes zwischen den Generationen.
Die Arbeit an dieser Ausgabe war für uns in der Redaktion auch eine menschliche, seelische und spirituelle Herausforderung. Denn während wir dieses Magazin fertigstellen, geht Thomas Steininger, unser Freund und Weggefährte und der Herausgeber von evolve, seinen letzten Weg im Übergang des Sterbens. Ein Netz der Fürsorge und Liebe umgibt ihn, während wir ihn zuhause im Meditationsraum des evolve Centers in Frankfurt begleiten.
Die Beziehung zwischen den Generationen macht uns deutlich, dass wir eingebunden sind in den zeitlichen Verlauf des Lebens, von der Geburt bis zum Tod. Wo immer wir auf dieser Lebensreise sind, es gibt immer etwas, das dieses Werden trägt: die Offenheit für unser Eingewobensein in die Ganzheit des einen Lebens. Wenn wir uns dieser Ganzheit zuwenden, finden auch unsere Beziehungen einen tieferen Grund. Wir sind dankbar dafür, dass wir dieses Geschenk in dem existenziellen Übergang, den Thomas durchläuft und der auch uns tief verändert, so erfahren können.
Herzlichst
Mike Kauschke
Redaktionsleiter