Annette Kaiser hat mit »Eine Welt – eine Menschheit – ein Bewusstsein« ein Buch über eine »universelle Spiritualität« geschrieben.
Als Folge der Globalisierung von Wirtschaft und Politik, aber auch durch dieEigenkraft der sozialen Medien, die heute unsere Welt umspannen, entstehtgerade eine neue globale Kultur und mit ihr neue, globale Formen derSpiritualität. Als spirituelle Lehrerin versucht Annette Kaiser seit Jahren,diesen kulturellen Reichtum der Menschheit in eine neue Form der Spiritualitäteinzubringen. Wo sind die Wurzeln, aus denen eine solche Spiritualität erwachsenkann? Natürlich gehören die indischen Upanischaden genauso zu diesenspirituellen Wurzeln wie das Tao Te King, die Ur-Schrift dertaoistisch-konfuzianischen Kultur des traditionellen China. Heute beginnen wirauch langsam, die vielen weltweiten indigenen Überlieferungen als Teil unseresgemeinsamen spirituellen Erbes wertzuschätzen und zu verstehen. Annette KaisersBuch bringt die Einsichten und Erkenntnisse dieser Traditionen in einer oft anekdotischen, auszugsweisen Form neu zusammen, um die Quellen für den Leserwieder lebendig zu machen, um so den Anstoß für eine neue, universelle Spiritualität zu geben.
Annette Kaiser, eine direkte Schülerin der russisch-englischen Sufi-Lehrerin IrinaTweedie, schreibt heute als »universelle Mystikerin«. Es ist ihr ein Anliegen,in diesem Buch den mystischen Traditionen der Welt nachzugehen. Vielleicht istdas auch der Grund, warum sie sich in ihrem Buch zwar auf christliche undislamische Mystiker bezieht, aber nicht auf die grundlegenden Schriften diesergroßen Religionen. Es geht um Mystik, nicht um Religion. Immer wenn AnnetteKaiser dem mystischen Herzen der sehr unterschiedlichen Schulen und Traditionen nachgeht, wird auch der Mensch Annette Kaiser in ihrer eigenen Kraft, in ihrereigenen, ansteckenden Menschlichkeit wahrnehmbar. Genau darin wird dieses Buchnicht nur ein Buch, das unterschiedliche Traditionen zusammenbringt; es wirddas Buch einer forschenden Mystikerin, einer aufgeschlossenen Frau, die sichumschaut – im Reichtum der Traditionen und nicht nur dort.
Mystik wird auch zu einer gesellschaftspolitischen Kraft.
Im Abschnitt über die modernen Mystiker und Mystikerinnen, die sie in ihrer Visioneiner universellen Spiritualität inspiriert haben, schreibt sie über die Arbeitvon Sri Aurobindo, Ramana Maharshi, Nisargadatta Maharaj und Amma, aber auchüber die westlicher Mystiker und Denker wie Eckhart Tolle und Ken Wilber. Undauch hier schreibt jemand, der aus eigener tiefer Erfahrung noch immer dasInteresse, vielleicht auch die Demut hat, zuzuhören und zu lernen. So wirddieses Buch auch zu einem spirituellen Arbeitsbuch eines Menschen, der seineeigene innere Erfahrung im Lichte anderer besser verstehen will.
Sri Aurobindos Werk spielt in diesen Reflexionen eine wichtige Rolle, auch KenWilbers integrale Theorie. Immer wieder, gerade in ihren eigenen Gedanken zueiner evolutionären Spiritualität – Annette Kaiser spricht lieber von einerevolutiven Spiritualität –, zeigt sich eine große Liebe auch für die ganznormale Welt. Hier schreibt nicht jemand, der sich zurückzieht. Hier schreibtjemand, der für eine andere Welt eintritt. Annette Kaiser hat ursprünglichWirtschaftswissenschaften studiert. Viele Jahre arbeitete sie in derEntwicklungshilfe. Mystik wird deshalb in ihren Betrachtungen auch zu einergesellschaftspolitischen Kraft.
Annette Kaisers Blick geht weit in die Welt hinaus, in viele, auch abgelegeneTraditionen, die wir uns erst langsam erarbeiten. Nur Europa, mit seiner ganzeigenen, sich oft auch selbst verleugnenden spirituellen Kraft kommt nichtwirklich zu Wort. Eine Spiritualität, die sich in Dichtern wie Novalis oderRilke zeigt, in Philosophen wie Giordano Bruno oder Friedrich Wilhelm Schellingwürde der einen Menschheit und dem Einen Bewusstsein eine weitere, wichtigeNote verleihen. Eine Note, die in einer universellen Spiritualität dringendgebraucht wird.
Annette Kaisers Buch ist, wenn man das so schreiben darf, ein demütiges Buch, ein Buch von jemandem, der von diesem »Einen« beseelt ist und es immer wieder in seinen verschiedenen Ausdrücken sucht, und – es ist das Buch einer Liebenden.